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Ian-Hamilton-Finlay-Park

Auslöser des Parks war die Landesgartenschau Grevenbroich 1995. Aus dem Gesamtkomplex Gartenschau mit seinen vielen Einzelbereichen hatte das „Kamper Wäldchen“ ein besonderes Interesse des Neusser Landschaftsarchitekten Georg Penker geweckt. Dieses Gelände, umgeben von Schloß, Erftfluß mit der historischen Erftmühle und Mühlenteich, „Alte Feuerwache“, sowie dem Erftflutgraben, begleitet von einer eindrucksvollen Rotbuchen-Allee, faszinierten.

Finlay, schottischer Künstler, Dichter, Philosoph, Gartenkünstler, lebte in „Little Sparta“, einem eigenwilligen Garten (Landschaftspark) mit Skulpturen und Pflanzen, den er – in seinem späteren Lebensabschnitt - nicht mehr verließ. Er war in seinem Denken ein globaler Künstler. Im Dezember 2004 wählten 50 britische Künstler, Galeristen und Kunstexperten den Garten zum größten Kunstwerk der Nation.

Zur Philosophie des Parks

Dies ist kein Park, wie er der traditionellen Vorstellungen entsprechen mag. Mit seinem waldartigen, wildnishaften Charakter möchte er eher den Eindruck einer vergessenen, verwunschenen,  sich selbst überlassenen Waldparzelle erwecken. Er ist kein Park – kein Gartenkunstwerk nach historischem Muster, auch nicht mit modernen Parks – wie immer diese aussehen mögen – vergleichbar.

Vielmehr ist Spiritualität das Prinzip, das sinnstiftend diesem Projekt innewohnt. Hier gehen Philosophie, Kunst und Natur eine einzigartige Verbindung ein, eine Aufforderung zum Meditieren, Nachdenken ist gefragt.

Das dem der Gesamtgestaltung zugrunde liegende Konzept „Waldwildnis“ basiert auf einer offenen Struktur, es herrscht das Ordnungsprinzip der Natur. Alles ist entgrenzt. Räume fließen ineinander, Vegetationsstrukturen verzahnen sich, lösen Grenzen auf.

Und schließlich ist die europäische Dimension Finlays evident. Finlay hatte unübersehbar „EUROPA“ im Sinn, seine Botschaft hieß Europa. Der europäische Gedanke, weit gespannt in der Ideenwelt des Kontinents mit Anspielungen und Hinweisen auf Größen der europäischen Geistesgeschichte, begegnet uns hier.

Pia Maria Simig und Georg Penker haben die Verortung der Kunstobjekte nach den Vorstellungen von Ian Hamilton Finlay im Park festgelegt.

Die Exponate wurden von der „Stiftung Kulturpflege und Kulturförderung“ der Sparkasse des Kreises Neuss 1995 erworben und der Stadt Grevenbroich als Dauergabe zur Verfügung gestellt. Die offizielle Namensgebung „Ian-Hamilton-Finlay-Park“ erfolgte feierlich im Rahmen des 25jährigen Jubiläums der Sparkassenstiftung am 29.06.2014.
Der angelegte Waldpark verdeutlicht gartenkünstlerisch den Gegensatz von Zivilisation und Natur. Die neuen Kunstobjekte sind behutsam in den Park integriert. Die Versöhnung von Kunst und Natur ist das zentrale Anliegen. Die Kunstobjekte knüpfen gedankliche Bezüge zu Personen bzw. Ereignissen und stellen sie in einen geschichtlichen Zusammenhang. Sie fordern zum Nachdenken und Assoziationen auf. Vor allem die Antike und die französische Revolution werden thematisiert.

Der naturhafte Waldbereich verschmilzt mit den Objekten von Ian Hamilton Finlay zu einem Gesamtkunstwerk besonderer Prägung und Aussage. 

Eine beschriftete Steinbank am Erftkolk

Der französische Aristokrat Hérault de Séchelles dichtete im 18. Jahrhundert den auf der Bank eingravierten Aphorismus. Die Bank lädt ein, sich zu setzen und sowohl über den Unterschied zwischen Stolz und Eitelkeit nachzudenken, als auch über das Schicksal des Autors, der während der französischen Revolution der Guillotine zum Opfer fiel.

Eine bronzene Büste von Rousseau, der Sockel beschriftet mit einem Satz aus seinen Werken

Der französische Philosoph Rousseau (1712-1778) kann als gedanklicher Verbreiter der Naturbewegung gelten. Natur und Rousseau sind praktisch Synonyme, obwohl seine Werke keine einfache Erklärung bieten, was er mit dem Wort Natur meint. Falls „Natur“ das Gegenteil von „Kultur“ ist, dann findet ihre Andersartigkeit und Wildheit ihren Ausdruck am besten im Wald.

Drei Bronzeplatten, beschrieben mit einem Text aus Heideggers „Holzwege“, platziert auf steinernen Pfosten

Der deutsche Philosoph Heidegger (1889-1976) dachte in seinen Schriften über den Sinn des Lebens nach. Das deutsche Wort „Holzweg“ hat als zweite Bedeutung eine Reihe von Tätigkeiten oder Gedankengängen, welche nirgendwohin führen, oder in einem Dickicht enden. Heidegger nannte seine Aufsätze „Holzwege“, weil er einem spekulativen Gedankengang folgen wollte, um ihn nach einigen Seiten zu verlassen, wie man einen Weg in einem Wald nach einigen Metern verlässt.

Holzpergola erstellt aus gradlinigen Teilen, sich ändernd ins Rustikale

Der erste Abschnitt der fünfteiligen Pergola ist ganz aus gradlinigem Holz erstellt und wird dann in arithmetischen Schritten ersetzt durch unbearbeitete Äste, wie sie oft in Gärten des 19. Jahrhunderts Verwendung fanden. Bei dem letzten Abschnitt ist die Struktur völlig durch Baumäste ersetzt, darstellend unserer Rückbesinnung von der Kultur zur Natur.

Zwei Zeilen über Hölderlin an der Teichmauer der Wegeachse

Der deutsche Dichter Hölderlin (1770-1843) war ein Mann des Friedens in der Zeit totaler Gegensätze und Auseinandersetzungen. Aus dem Gedicht „Hälfte des Lebens“ wurden die beiden Zeilen entnommen. In früheren Jahrhunderten wurde die Natur als etwas angesehen, was durch Kunst zu verbessern sei, „Höheres“ gilt.
Finlay stellt die traditionelle Hierarchie wieder her:
Die Schwäne im Text und in der Einbildung der Besucher sind perfekter als echte Schwäne.

Steintafel mit Inschrift an einer großen Eiche

Die alte freistehende Eiche, an der eine Tafel angebracht ist, könnte ein Gemälde von Caspar David Friedrich entstammen. Der eine Teil der Inschrift stammt von dem französischen Dichter Lochac, Verfasser vieler „monostichs“ (einzeilige Gedichte).
Der zweite Teil ist von Finlay hinzugefügt. Zusammen rufen die zwei Zeilen eine Erhabenschaft zwischen Eiche und Stein bzw. Felsen hervor, die häufig in den Darstellungen des deutschen Malers Caspar David Friedrich vorkommen.

Ein Wegweiser nach Vincennes

Dieser althergebrachte, hölzerne Wegweiser gibt die Richtung nach Vincennes an, einst eine Stadt vor Paris, heute ein Pariser Vorort. Die Reise, auf der wir uns begeben sollen, ist eher geistiger als körperlicher Natur. Als der französische Philosoph Rousseau auf dem Weg war, seinen Freund Diderot zu besuchen (welcher in Vincenes gefangen gehalten wurde), hielt er an, um sich am Straßenrand auszuruhen. Er öffnete eine Zeitung und sah die Ankündigung eines Dichterwettbewerbes. Das Thema war, ob der Fortschritt bei den Künsten und Wissenschaften zu einer erhöhten Moral führe. Er hatte eine Erleuchtung, welche sein bisheriges Leben veränderte. Von da an hörte er auf, Pariser Kunstausstellungen zu besuchen, lebte zurückgezogen und begann zu musizieren.

Eine Steintafel mit einem Text von Vergil, befestigt an einem Baum, in dem der Wind spielt

Vergil war ein Poet, der im 1. Jahrhundert vor Chr. lebte. Der Sinn der Zeile aus Vergils „Aeneid“ wird unterstrichen durch den Standort: Auch an windstillen Tagen kann man sich den Wind im Laub des Baumes vorstellen, welches die Geräusche des Meeres ins Inland trägt.

Eine Pyramide platziert zwischen Fichten und beschriftet mit den Daten des Künstlers Caspar David Friedrich

Der deutsche Maler Caspar David Friedrich (1774-1840) wurde berühmt durch seine romantischen Bilder von Eichen und Felsen, vielleicht noch mehr durch seine Verbindung zum Immergrün. Die Pyramidenform aus Ägypten stammend, hat sich in den westlichen Gärten eingebürgert, sie behielt dennoch ein gewisses Flair des Mystischen. Die Verbindung zwischen den beiden Künsten – der Landschaftsgärtnerei und der Landschaftsmalerei - ist immer wechselseitig gewesen. Man denke an die Verbindung der englischen Gärten des 18. Jahrhunderts und den Landschaften von Claude Lorraine.